Bioakustik

Stimmproduktion: Unser Pfeifregister ist ein Irrglaube

Die „Königin der Nacht“ singt und pfeift nicht.
Die „Königin der Nacht“ singt und pfeift nicht.APA/Staatsoper/Zeininger
  • Drucken

Die Popstars Mariah Carey und Ariana Grande sollen es beherrschen, wie auch die Jazzmusikerin Rachelle Ferrell und Opernsängerin Diana Damrau.

Sie gilt als eine besonders anspruchsvolle Arie, „Der Hölle Rache“ aus Mozarts „Zauberflöte“. Geht doch der Tonumfang über zwei Oktaven (von F1 bis zu F3). Opernsängerinnen müssen dafür die extremen Grenzen ihrer Stimme nutzen. Erzeugt werden die hohen Töne – so glaubte man bisher – über das sogenannte Pfeif- oder Flageolettregister, mit dem Töne ab dem 3-gestrichenen C (C3) analog zur Ultraschall-Stimmerzeugung bei Ratten und Mäusen produziert werden. Diese Annahme wurde nun von Christian T. Herbst vom Department für Verhaltens- und Kognitionsbiologie der Uni Wien und Matthias Echternach vom Uniklini­kum München gemeinsam mit ihrem internationalen Team widerlegt.

Mythos der Stimmpädagogik

Die Forschenden konnten zeigen, dass der Standardmechanismus der Stimmproduktion beim Menschen (und den meisten Säugetieren) auch für die obersten Tonlagen des (Opern-)Gesangs gilt. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen wurden jetzt im Fachjournal Scientific Reports publiziert. „Dies deckt einen seit Langem bestehenden Mythos der Stimmpädagogik auf“, so Herbst.

Die Forscherinnen und Forscher baten dazu neun Opernsängerinnen vor eine ganz besondere Kamera: Sie machten über die sogenannte transnasale Endoskopie Hochgeschwindigkeits-Videoaufnahmen in ihrem Kehlkopf. Je nach Tonhöhe vibrierten und kollidierten die Stimmlippen im Kehlkopf zwischen 1047 und 1568 Mal pro Sekunde – das entspricht der Frequenz des erzeugten Tons. Ein Pfeifen hingegen würde eine Unbeweglichkeit der Stimmlippen erfordern. Erste empirische Untersuchungen zur Entstehung des Pfeifregisters hatte Echternach bereits vor zehn Jahren samt Hinweisen auf ein Schwingen der Stimmlippen selbst bei hohen Tönen vorgelegt.

Stimmlippen unter Spannung

Aktuelle Computersimulationen legen nahe, dass die Sängerinnen ihre höchste Frequenz mit einer stark erhöhten Spannung der Stimmlippen und unterstützt durch einen sehr hohen Ausatmungsluftdruck erzeugen. „Warum dies manchen in dieser hohen Stimmlage gelingt und anderen nicht, muss vorerst offenbleiben“, sagt Echternach. Herbst ergänzt: „Es ist bemerkenswert, dass solch extreme Klänge mit einem recht gewöhnlichen Stimmerzeugungsmechanismus produziert werden können. Dies ist nur mit einer hervorragenden muskulären Feinbeherrschung des Gesangsinstruments durch die Sängerinnen möglich.“

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.

-