Wiederentdeckt: Anna Wecker (gest. 1596) und ihr «köstlich new Kochbuch» von 1597

Im Jahr 1597 erschien bei Michael Forster in Amberg bei Nürnberg unter dem Titel «Ein köstlich new Kochbuch» ein Werk, das mit einer Vielzahl von diätetischen Rezepten gesellschaftlich Furore machen sollte: Es handelte sich um das erste gedruckte Kochbuch aus der Feder einer Frau, die es sich als ärztlich bewanderte Hauswirtin zur Aufgabe gemacht hatte, den kranken und pflegebedürftigen Menschen einer städtisch-gutbürgerlichen, bzw. patrizischen Gesellschaftsschicht helfend zur Seite zu stehen. Ihr Name erscheint auf dem Titelblatt des Werks (vgl. https://swisscollections.ch/Record/991075644269705501?sid=134201366) gemeinsam mit demjenigen ihres Mannes: Das Kochbuch sei «mit sonderm Fleiss beschrieben durch F. Anna Weckerin, Weiland Herrn D. Johann Jacob Weckers, des berühmbten Medici seligen, nachgelassene Wittib». Anna Wecker (geboren vor 1536; gest. 1596), die in zweiter Ehe mit dem erwähnten berühmten Basler Philosophen und Mediziner Johann Jacob Wecker (1528–1586) verheiratet war, verfügte als nimmermüde Gehilfin ihres prominenten und einflussreichen Mannes über ungemein profundes medizinisches Wissen und wusste über die gesundheitlichen Nöte breiter Bevölkerungsschichten im Detail Bescheid. Deshalb seien die Rezepte «nicht allein für Gesunde», sondern «auch und fürnemlich für Krancke» mit «alerley Kranckheiten und Gebresten», namentlich für «schwangere Weiber, Kindbetterinnen, und alte schwache Leuthe» geschrieben. Die helfende Kraft, die aus dem Erfahrungswissen dieser für das 16. Jahrhundert überdurchschnittlich gebildeten Frau spricht, hat bis heute nichts an Faszination eingebüsst: Erst kürzlich besuchte eine Filmcrew von Radio Télévision Suisse (RTS) die Universitätsbibliothek, um das von Anna Wecker vor mehr als vierhundert Jahren veröffentlichte Kochbuch in einer kulinarischen Reportage etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Von besonderem Interesse war dabei das gleich zu Beginn der Rezeptsammlung abgedruckte Rezept für «Mandelmilch», das in Kombination mit Zimt bei Magenbeschwerden hilfreich sei (Link zum Film, die UB erscheint ab Minute 13:02)

Wer auf das Manuskript blickt, sieht, dass die Schrift von Anna Wecker nicht einfach zu entziffern ist. Was kann man tun? Das Tool Transkribus kann mithilfe künstlicher Intelligenz alte Handschriften transkribieren. Dafür wird das Digitalisat auf die Plattform Transkribus hochgeladen und das entsprechende Schriftenmodell ausgewählt, um den Text zu automatisch zu transkribieren. Natürlich sind die maschinell transkribierten Texte selten perfekt. Dennoch bieten sie einen niederschwelligen Einstieg, um den Inhalt einer Handschrift zu erkennen und um zu entscheiden, ob man damit weiterarbeiten möchte. Die Schrift ist also nur noch eine äusserst niederschwellige Hürde, um einen Text zu verstehen. Da das Programm Transkribus mit jeder Transkribtion dazulernt, wird diese Hürde in absehbarer Zukunft fast gänzlich verschwinden.

Falls Sie Interesse am Programm Transkribus haben: Im Sonderlesesaal können wir Ihnen gerne weiterhelfen.

Yvonne Häfner und Noah Regenass

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