Müssten die Gebrüder Grimm einen Märchenband über den Fußball herausgeben, die Geschichte von Austria Salzburg wäre eines der bekanntesten Stücke, vielleicht das Rotkäppchen. Die Geschichte bietet den Stoff, den es für ein gutes Fußballmärchen braucht: Es gibt den bösen, Red Bull, der dem Verein vor zehn Jahren das Herz und die Lizenz nahm und fortan unter anderen Farben als Red Bull Salzburg spielte. Und die guten, die Fans, die ihren Club deshalb neu gründeten und von der untersten österreichischen Liga zurück in den Profifußball führten.

Aber wie es mit Märchen nun mal so ist: Sie sind Märchen. Im wahren Leben lässt das Happy End oft auf sich warten, fragen Sie nach beim DFB in diesen Tagen. Und auch Austria Salzburg ist gerade dabei, ein spektakuläres Finale aufzuführen. Im negativen Sinne allerdings.

Dabei liegt der Höhepunkt der Euphorie um den Fanverein noch gar nicht so lange zurück. Im Frühjahr stieg der Club in die zweite österreichische Liga auf, war zurück im Profifußball, nachdem er neun Jahre lang in Orten wie Anthering, Piesendorf und Andelsbuch spielen musste. Der mit Bier übergossene Vereinsvorstand Walter Windischbauer jubelte bei der Aufstiegsfeier im Juni: "Wir sind die Gallier des 21. Jahrhunderts."

Warum fehlt so viel Geld?

Kurzzeitig gab es bei der Liga Bedenken wegen der Lizenz. Das Heimstadion im Salzburger Stadtteil Maxglan war zu dürftig ausgebaut, befand sich aber schon im Umbau. Bis dahin sollte das Ausweichstadion in Schwanenstadt 60 Kilometer außerhalb als Platzhalter dienen. Dem wiederum fehlten ordentliche Flutlichter, ein Kameraturm und Platz für die bald einrollenden TV-Trucks. Doch wie so oft in der kurzen Geschichte der neuen Austria spendeten die Fans den nötigen Betrag, und bauten weiter am Mythos, der den Verein umweht. Die Austria bekam die Lizenz.

Doch die Sache mit den beiden Stadien entwickelt sich gerade zum Fiasko. Selbst die eingefleischtesten Anhänger sind alarmiert: "Bis zum Saisonende werden wohl rund 1,2-1,4 Millionen Euro gebraucht", schrieben sie auf ihrer Facebook-Seite, und holten weiter aus: "Entscheidungen wurden im Alleingang getroffen, Unterlagen den Fans vorenthalten, ausweglose Lage." Der Führungsriege warfen sie verantwortungsloses Handeln vor. Dazu muss man wissen, dass seit fünf Jahren keine Fans mehr im Austria-Vorstand sitzen, sondern Profis. Oder Leute, die sich so nennen.

 "Uns haben die Anschuldigungen in dieser Form überrascht", sagt Alexander Hütter, der Pressesprecher des Vereins. Es gab an den vergangenen Wochenenden mehrere Krisentreffen, bei denen die Fanszene, die traditionell noch immer ein gewichtiges Wort mitreden möchte, über die aktuelle Lage informiert wurde. 900.000 Euro sollen die Verbindlichkeiten betragen. Aber warum fehlt so viel Geld?

Auch sportlich läuft es nicht

Als sich im Herbst 2014 abzeichnete, dass Austria Salzburg bald wieder im Profifußball spielen wird, beschloss der Verein, das Stadion in Salzburg-Maxglan umzurüsten. Der damalige Vorstand Walter Windischbauer pflegte gute Verbindungen zum Bürgermeister der Stadt, Heinz Schaden (SPÖ), und es floss über eine Million Euro aus der öffentlichen Hand in den Umbau. Kritiker monieren bis heute, dass der Verein von der regierenden SPÖ protegiert wird.

Weitere 200.000 Euro sammelte der Club aus Spenden. Aber der Umbau wurde teurer als gedacht. "Uns fehlten laut der Planung im Frühjahr dann noch 100.000 Euro, die hätten wir aber zusammenbekommen", sagt der Pressesprecher Hütter. Nun zeigt sich: Es fehlt deutlich mehr. "Das war für viele eine Überraschung", sagt Hütter, "wir haben uns auf die Umbauplanungen in Maxglan verlassen." An dieser Version zweifeln die Fans. "Wer das glaubt, glaubt auch an das Christkind", schreiben sie.

Für die Anhänger liegen die Probleme nicht nur in der misslungenen Stadionplanung. Auch sportlich läuft es nicht: Die Austria ist Vorletzter, der aufgeblähte Kader steht in der Kritik. 28 Spieler, so viele hat in der Liga sonst nur der Red-Bull-Ziehverein Liefering. Deshalb wettern die Anhänger auch gegen den Sportdirektor Gerhard Stöger. 300.000 Euro mehr als vorhergesehen koste die Fehlplanung, sagen sie, und fordern seinen Rauswurf. Am vergangenen Freitag blieben sie beim Heimspiel gegen Lustenau 33 Minuten lang stumm, stattdessen hing in der Fankurve ein Banner mit der Aufschrift: "Alle Schuldigen werden bezahlen!"

Der Fanverein zerfleischt sich momentan, das bestreitet auch der Pressesprecher nicht mehr. Schon 2008 zog sich Moritz Grobovschek zurück. Er war 2005 einer der Gründer des neuen Vereins und fürchtet jetzt um sein Werk: "Die Situation ist dramatisch!" Er nahm auch an der Sitzung am vergangenen Wochenende teil und was er hörte, gefiel ihm nicht.